Diese Übersichtskarte löst bei vielen Landwirten in Deutschland aktuell Sorge und Entsetzen aus: Sie zeigt die Landschaftsschutzgebiete in Deutschland – 10 Mio. ha, gut ein Viertel der Landesfläche. In den vergangenen Tagen waren Bilder der Karte in vielen Whatsapp-Gruppen und in den sozialen Medien zu finden.
Warum? Geht es nach den Plänen der EU-Kommission soll unter anderem für die Landschaftsschutzgebiete in Zukunft ein Komplettverbot des Einsatzes von chemischen Pflanzenschutzmitteln greifen.
Mindestens 4,6 Mio. ha betroffen
Wie das Bundesamt für Naturschutz gegenüber top agrar bestätigte, befinden sich allein in den Landschaftsschutzgebieten gut 4,5 Mio. ha landwirtschaftliche Nutzfläche (LNF). Darunter fallen knapp 2,5 Mio. ha Ackerflächen und ca. 2 Mio. ha Grünland. Diese Flächen wären komplett vom Pflanzenschutzverbot betroffen.
Hinzu kommen noch Agrarflächen in Natura-2000, Flora-Fauna-Habitat (FFH)- und Vogelschutzgebieten. Insgesamt könnte also mehr als ein Viertel der 16,6 Mio. ha LNF in Deutschland vom Verbot betroffen sein.
Wieso Landschaftsschutzgebiete?
Neben den „europäischen“ Schutzgebieten, wie Natura-2000, FFH- und Vogelschutzgebieten bezieht der Gesetzesvorschlag zur „Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln“ auch „alle sonstigen nationalen, regionalen oder lokalen Schutzgebiete, die von den Mitgliedstaaten an das Verzeichnis der nationalen Schutzgebiete (CDDA) gemeldet wurden“ ein.
Im Fall von Deutschland sind das unter anderem die Landschaftsschutzgebiete. Neben den Landschaftsschutzgebieten meldet Deutschland auch Nationalparks und Naturschutzgebiete beim CDDA. Auch für diese Gebietskulissen würden die Pflanzenschutzregeln regelten, wenn sie so angenommen würden wie aktuell geplant.
Ob Ihre Flächen auch betroffen sein könnten, können Sie auf der Karte der Europäischen Umweltagentur prüfen:
Noch nichts entschieden
Ob damit jedoch tatsächlich zu rechnen ist, ist aktuell unklar. Der derzeitig vorliegende Entwurf stammt von der EU-Kommission. Nun sind das EU-Parlament sowie die EU-Mitgliedstaaten an der Reihe. Sie müssen sich dazu positionieren.
Der Kreisverband Soest des Westfälisch Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) hatte bereits Anfang Juli einen offenen Brief an die EU-Parlamentarier aus der Region geschickt. Ihre Angst: Allein im Kreis Soest könnten 35.000 ha Ackerland vom Spritzverbot betroffen sein.
Mitgliedstaaten besorgt
Aus den Reihen der EU-Mitgliedstaaten war beim letzten Treffen der EU-Agrarminister ebenfalls viel Kritik an den Plänen der EU-Kommission zu vernehmen. Vor allem das drohende Komplettverbot von Pflanzenschutzmitteln in Schutzgebieten beunruhigt viele Minister. Auch die aktuellen Einschränkungen in der Lebensmittelversorgung seien ein Argument gegen die geplanten Reduktionsziele, befanden einige Delegationen.
Bundesminister Cem Özdemir seht dem Pflanzenschutz-Paket zwar grundsätzlich positiv gegenüber. Laut Özdemir müsse die Einbeziehung der Schutzgebiete in die Verordnung jedoch geprüft werden.