Einige Europaabgeordnete der CDU halten es durchaus für möglich, dass die Europäische Kommission ihren im Juni vorgelegten Vorschlag zur Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes wieder zurückzieht. Dementsprechend äußerten sich der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses, Norbert Lins, und der Umweltsprecher der EVP-Fraktion, Dr. Peter Liese, bei einer Online-Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch. Liese, der für Südwestfalen im Europaparlament sitzt, betonte, er halte die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Zug für „größer gleich 50 %“. Insbesondere im südwestfälischen Soest gibt es heftigen Widerstand gegen die EU-Pläne unter potentiell betroffenen Landwirten.
Bekanntlich soll gemäß dem Verordnungsvorschlag der Brüsseler Behörde der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel EU-weit bis zum Jahr 2030 um 50 % reduziert werden. Für besonders scharfe Kritik sorgt indes, dass der Einsatz in jeglichen Schutzgebieten laut dem Kommissionsvorschlag vollständig untersagt würde.
Liese erkennt handwerkliche Mängel
Die beiden CDU-Abgeordneten verwiesen insbesondere auch die scharfe Ablehnung des Vorschlages durch den landwirtschaftlichen Berufsstand. Liese gab außerdem zu bedenken, dass ein Totalverbot von Pflanzenschutzmitteln in sensiblen Gebieten zu Lasten vieler seltener Bodenbrüter gehen würde. Dies liege daran, dass dann Striegel zur Unkrautbekämpfung eingesetzt werden müssten. Zudem drohe ohne chemischen Pflanzenschutz der Verzicht auf den Anbau von Halmgetreide. Dies würde zu mehr Maisflächen führen, die für Bodenbrüter bekanntlich weniger geeignet seien.
Lins: Deutschland wäre besonders betroffen
Derweil stellte Lins fest, dass Deutschland aufgrund seines hohen Anteils an Landschaftsschutzgebieten nach Slowenien und Österreich besonders von einem Totalverbot für diese Flächen betroffen wäre. Für den Ausschussvorsitzenden ist der Verordnungsentwurf ein „Totalangriff“ auf den ländlichen Raum und würde die Spaltung zwischen Land- und Stadtbevölkerung noch weiter vertiefen.
Selbst Umweltschützer skeptisch
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest, Joachim Drüke, zeigte sich gegenüber dem Kommissionsvorhaben skeptisch. Zwar sei er grundsätzlich für eine deutliche Reduzierung des chemischen Pflanzenschutzmitteleinsatzes. Allerdings seien die Brüsseler Pläne viel zu undifferenziert. Wichtig sei, dass auch auf Ackerbaustandorten in Schutzgebieten die Bewirtschaftung möglich bliebe. Laut Drüke ist gerade der Vertragsnaturschutz auf die Kooperation mit den Landwirten angewiesen. Dies sei ein wichtiges Fundament für einen erfolgreichen Naturschutz.