Die Hilfsorganisation Misereor und Greenpeace wünschen sich mehr Getreide auf dem Teller statt im Tank oder Trog. Nicht gelten lassen wollen sie das Argument, dass Getreide in Futterqualität nicht für die menschliche Ernährung geeignet wäre. Um ihren Standpunkt zu untermauern haben die beiden Organisationen Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir heute in Berlin Brote übergeben, die aus Futterweizen gebacken wurden.
Überreicht wurde ebenfalls eine Petition mit gut 58 000 Unterschriften, in der gefordert wird , als Reaktion auf die weltweite Ernährungskrise, den Einsatz von Getreide als Futtermittel zu senken und die Beimischung von Agrotreibstoffen zu Diesel und Benzin zu stoppen.
Immer mehr Menschen hungern
Kathrin Schroeder von Misereor und Greenpeace-Agrarexperte Matthias Lambrecht wiesen darauf hin, dass weltweit immer mehr Menschen hungern, auch weil in Folge des Ukrainekriegs die Getreidepreise steigen. Es seien deshalb auch hierzulande kurzfristige Maßnahmen nötig, um in der wachsenden Ernährungskrise gegenzusteuern.
Eine weitere Stellschraube liegt nach Überzeugung der beiden NGO-Vertreter im Anbau von so genannten Energiepflanzen. „Getreide und Pflanzen sind wertvolle Lebensmittel. Es ist unsolidarisch und unverantwortlich, sie angesichts der Hungerkrise weiter als Kraftstoff in Verbrennungsmotoren zu verheizen“, stellte Lambrecht fest. Er fordert deshalb die Bundesregierung auf, die Beimischung von Agrokraftstoffen zu Diesel und Benzin umgehend zu beenden.
Schroeder und Lambrecht begrüßen, dass sich Özdemir „dafür ausspricht, mit Getreide und Pflanzenölen Lebensmittel zu erzeugen und sie nicht für Agrokraftstoff und Tierfutter zu verschwenden“. Nach ihrer Auffassung sollte der Minister diesen Worten allerdings auch Taten folgen lassen: „Essen gehört auf den Teller, nicht in den Tank oder in den Trog.“
Greenpeace-Vorschlag sorgt für Monokulturen
Der Deutsche Bauernverband (DBV) kann dieser Argumentation jedoch nicht ganz folgen. Für den stellvertretenden DBV-Generalsekretär Udo Hemmerling ist es keine Frage, dass auch aus Getreide mit etwas niedrigeren Proteingehalten gutes Brot gebacken werden kann. Gleichwohl halte der Bauernverband den Ansatz von Greenpeace für unseriös, beim Getreide zwischen "Gut und Böse" zu unterscheiden.
"Futtergetreide ist genauso wertvoll wie Brotgetreide", stellte Hemmerling klar. Er gibt zu bedenken, dass sich viele Standorte in Deutschland aufgrund ihrer natürlichen Voraussetzungen besser für die Futtergewinnung eignen als für Brotgetreide. Nicht vergessen werden dürfe auch, dass die Tierhaltung gebraucht werde, um Nährstoffkreisläufe zu schließen. Der Vorschlag von Greenpeace geht nach Auffassung des stellvertretenden DBV-Generalsekretärs auch deshalb fehl, weil er letztlich auf Getreide-Monokulturen hinauslaufen würde. Eine gesunde Fruchtfolge brauche aber auch andere Kulturen wie Raps, so Hemmerling.